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dpa-AFX: ROUNDUP 2: Trump-Strafe in New York erst im September geplant

(aktualisierte Fassung)

NEW YORK (dpa-AFX) - Im New Yorker Prozess um Schweigegeldzahlungen von
Ex-Präsident Donald Trump verzögert sich die Verkündung des Strafmaßes auf den
18. September. Das von Richter Juan Merchan neu festgelegte Datum ging aus einem
Brief an die Prozess-Parteien hervor. "Wenn dies noch immer nötig sein sollte",
fügte er hinzu. Damit räumt der Richter einem Antrag von Trumps Anwälten zur
Aufhebung des Urteils die notwendige Zeit ein.

Hintergrund der Verschiebung ist ein Grundsatzurteil des Supreme Courts der
Vereinigten Staaten zur Immunität von US-Präsidenten. In dem Urteil heißt es,
dass US-Präsidenten weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung für offizielle
Handlungen im Amt genießen. Der Schritt von Trumps Anwälten war erwartbar, ihm
wird aber nicht die größte Chance eingeräumt, weil der New Yorker Fall sich zu
einem bedeutenden Teil um Handlungen dreht, die vor seiner Präsidentschaft
passierten.

Geschworene in New York hatten den Ex-Präsidenten vor wenigen Wochen in 34
Anklagepunkten für schuldig befunden. In dem Prozess ging es um die illegale
Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen an eine Pornodarstellerin. Es war das
erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass ein ehemaliger
Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde. Trump könnte im ärgsten Fall
eine mehrjährige Haftstrafe drohen.

Biden sieht "gefährlichen Präzedenzfall"

Trumps Erfolg vor dem höchsten US-Gericht ist wegweisend: Der Supreme Court
urteilte, dass er zwar keine vollständige Immunität für die Handlungen während
seiner Zeit als Präsident genießt, aber der Schutz vor Strafverfolgung sehr
weitgehend ist. US-Präsident Joe Biden sprach mit Blick auf die Entscheidung des
Supreme Courts von einem "gefährlichen Präzedenzfall".

Mit ihrer Entscheidung verzögern die Richterinnen und Richter zudem den
Beginn des Wahlbetrugsprozesses gegen den 78-Jährigen in der US-Hauptstadt
Washington weiter. Eine untere Instanz muss nun herausfinden, für welche
Handlungen Trumps Immunität gilt. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der
Prozess in Washington noch vor der Präsidentenwahl im November beginnen wird.

Juristische Streitigkeiten dürften noch lange andauern

Der New Yorker Fall ist anders gelagert als etwa das Wahlbetrugsverfahren in
Washington. Das Verfahren in Manhattan drehte sich in erster Linie um Trumps
Handlungen als Präsidentschaftskandidat vor der Wahl 2016. Trump war mit der
Argumentation, dass der Fall seine Präsidentschaft betreffe, bereits in der
Vergangenheit gescheitert.

Allerdings könnten Trumps Anwälte argumentieren, dass die Anklage sich in
dem Fall auch auf Beweise gestützt hat, die aus Trumps Zeit im Weißen Haus
stammen. Denn der Supreme Court entschied, dass Amtshandlungen von
US-Präsidenten nicht nur vor Strafverfolgung geschützt sind. Sie dürfen auch
nicht als Beweise in Strafverfahren angeführt werden. Spätestens in einem
Berufungsverfahren dürfte das Thema werden. Trump hatte bereits angekündigt,
nach der Strafmaßverkündung gegen das Urteil vorzugehen.

Biden: "Die einzigen Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt"

US-Präsident Biden kritisierte das Immunitätsurteil des Supreme Court und
warnte vor schwerwiegenden Folgen. "Die heutige Entscheidung bedeutet mit
ziemlicher Sicherheit, dass es praktisch keine Grenzen für das Handeln eines
Präsidenten gibt", sagte der Demokrat bei einer kurzfristig anberaumten
Ansprache im Weißen Haus. Jeder Präsident, einschließlich Trump, werde nun die
Freiheit haben, das Gesetz zu ignorieren, warnte der 81-Jährige. Er will bei der
Präsidentenwahl im November gegen Trump antreten.

Der Supreme Court habe mit seiner Entscheidung ein "grundlegend neues
Prinzip" geschaffen: Die Macht des Präsidentenamtes werde künftig nicht mehr
durch Gesetze eingeschränkt, auch nicht durch das Oberste Gericht, warnte Biden.
"Die einzigen Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt." Die Menschen in
den USA hätten ein Recht darauf, vor den nahenden Präsidentenwahlen im November
eine Antwort der Gerichte zur Rolle Trumps beim Sturm auf das Kapitol am 6.
Januar 2021 zu erhalten. Diese Antwort werde es nach dem Urteil wohl aber nicht
mehr geben.

Biden, der sich nach einem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte in der
vergangenen Woche in einer kritischen Phase seines Wahlkampfs befindet, nutzte
die Gelegenheit und rief die Menschen zum Wählen auf. Fragen zu seiner
Kandidatur beantwortete er nicht.

Liberale Richterinnen äußern "Angst um unsere Demokratie"

Das Urteil des Supreme Courts war mit sechs zu drei Stimmen ausgefallen. Die
drei als liberal geltenden Richterinnen hatten sich nicht der
rechtskonservativen Mehrheit des Supreme Courts angeschlossen, die Trump durch
Personalentscheidungen während seiner Zeit als Präsident zementiert hatte. In
der von Richterin Sonia Sotomayor verfassten abweichenden Meinung äußerten die
Juristinnen ihre "Angst um unsere Demokratie".

Sotomayor skizzierte denkbare Situationen, in denen der Schutz des
Präsidenten vor Strafverfolgung künftig Anwendung finden könnte - als Beispiel
nannte sie einen von ihm in Auftrag gegeben Mordanschlag auf einen Rivalen,
einen Militärputsch des abgewählten Präsidenten oder den Nachweis von
Bestechlichkeit.

"Selbst, wenn diese Albtraumszenarien nie eintreten sollten, und ich bete,
dass sie es nie tun, ist der Schaden bereits angerichtet", schrieb Sotomayor.
"Bei jeder Ausübung seiner Amtsgewalt ist der Präsident jetzt ein König, der
über dem Gesetz steht." Die langfristigen Folgen der Entscheidung seien
erheblich. Das Gericht schaffe damit "effektiv eine rechtsfreie Zone um den
Präsidenten und rüttelt am Status quo, der seit der Gründung der Nation
existiert"./trö/DP/he

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