dpa-AFX: ROUNDUP 3: Deutsche Bank mit Gewinnsprung - Niederlage im Postbank-Streit
(neu: Gerichtsurteil im Postbank-Verfahren, Kurs)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Hin und Her im Rechtsstreit um die
Postbank-Übernahme hat der Deutschen Bank im dritten Quartal
einen kräftigen Gewinnsprung beschert. Weil der Dax-Konzern eine
Rückstellung aus dem zweiten Quartal teilweise auflösen konnte, entfiel auf die
Aktionäre unter dem Strich ein Profit von knapp 1,5 Milliarden Euro. Zwar
unterlag die Bank am Mittwoch in einem weiteren Verfahren vor Gericht. Doch
Vorstandschef Christian Sewing fasst bereits den Rückkauf weiterer Aktien ins
Auge. Unterdessen rechnet er mit höheren Kreditausfällen als zuletzt.
An der Börse wurden die Neuigkeiten negativ aufgenommen: Kurz nach
Handelsstart verlor die Deutsche-Bank-Aktie zeitweise fast fünf Prozent. Zuletzt
lag sie noch mit rund zwei Prozent im Minus bei 15,98 Euro und gehörte damit
immer noch zu den größten Verlierern im Dax. Im Vergleich zum Jahreswechsel hat
das Papier jedoch fast 30 Prozent gewonnen.
Branchenexperte Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan sieht die Aktie
jedoch auf dem Weg zu einem Kurs von 20 Euro und rät weiterhin zum Kauf. Die
Quartalszahlen seien insgesamt solide ausgefallen. Allerdings werde das Geschäft
der Bank mit Unternehmen und Privatkunden zunehmend von der schwierigen
Konjunktur in Deutschland belastet.
Noch im Sommer hatte das Frankfurter Geldhaus schlechtere Nachrichten im
Gepäck. Wegen einer Rückstellung im Postbank-Rechtsstreit von 1,3 Milliarden
Euro war es im zweiten Quartal sogar in die roten Zahlen gerutscht. Nach der
Einigung mit einem Großteil der Kläger aus der Reihe der früheren
Postbank-Aktionäre konnte sie nun jedoch 440 Millionen davon wieder auflösen.
Wenige Stunden nach Vorlage der Quartalszahlen unterlag der Konzern in einem
weiteren Gerichtsverfahren. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab den Klagen von
13 ehemaligen Postbank-Aktionären in vollem Umfang statt.
Die Kläger hatten im Jahr 2010 das Übernahmeangebot in Höhe von 25 Euro je
Postbank-Aktie angenommen. Nach Auffassung des Gerichts hätten sie je Papier
57,25 Euro erhalten müssen. Denn die Deutsche Bank hätte den Anlegern schon im
Jahr 2008 ein Übernahmeangebot machen müssen, weil sie schon damals die
Kontrolle über die Postbank erlangt habe. Zu dieser Zeit hatte der Kurs noch
entsprechend höher gelegen.
Eine Revision zum Bundesgerichtshof hat das OLG nicht zugelassen. Die
Deutsche Bank will nun prüfen, ob sie eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegt.
Finanziell sieht sich das Institut gegen weitere Belastungen abgesichert. Die
bestehenden Rückstellungen deckten die ausstehenden Forderungen der Kläger plus
die aufgelaufenen Zinsen vollständig ab, teilte ein Sprecher mit.
Aus dem Tagesgeschäft meldete die Deutsche-Bank-Spitze positive
Entwicklungen - trotz der Aussicht auf mehr Kreditausfälle. Ohne die Effekte aus
dem Postbank-Verfahren legte der Vorsteuergewinn im Jahresvergleich um 6 Prozent
auf rund 1,8 Milliarden Euro zu. Das war den Angaben zufolge so viel wie nie
zuvor in einem dritten Quartal.
Gut lief es besonders in der hauseigenen Investmentbank: Vor Steuern
verdiente die Sparte dank höherer Erträge 813 Millionen Euro und damit 21
Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auch die Fondstochter DWS legte
zu. Ihre Fonds sammelten unter dem Strich 18,3 Milliarden Euro frisches Geld von
Anlegern ein, wie das im SDax gelistete Unternehmen mitteilte.
Das war noch mehr als von Analysten erwartet.
Im Geschäft mit Privat- und Unternehmenskunden musste die Deutsche Bank
hingegen Einbußen hinnehmen: Wegen rückläufiger Erträge und höherer
Rückstellungen für drohende Kreditausfälle warfen beide Sparten merklich weniger
ab als im Vorjahreszeitraum. Konzernweit legte die Deutsche Bank fast 494
Millionen für faule Kredite zurück - etwas mehr als im zweiten Quartal, aber
rund doppelt so viel wie im Sommer 2023.
Für das Gesamtjahr rechnet das Management jetzt mit einer Risikovorsorge von
etwa 1,8 Milliarden Euro und damit mehr als bislang. Hintergrund sei die
schwierige Lage bei Gewerbeimmobilien, sagte Finanzvorstand James von Moltke in
einer Telefonkonferenz. Allerdings erwarte er nicht, dass sich die Entwicklung
weiter verschlechtert: "Trends halten nicht ewig an."
Unterdessen sieht der Vorstand die Bank auf Kurs, ihre Ziele für 2024 und
2025 zu erreichen. Finanzchef von Moltke zeigte sich zuversichtlich, die Erträge
in diesem Jahr wie geplant auf 30 Milliarden Euro zu treiben. Im kommenden Jahr
sollen sie dann auf 32 Milliarden steigen.
Vor allem will das Management die Bank bis dahin ein ganzes Stück
profitabler machen. So soll die Rendite auf das materielle Eigenkapital (RoTE)
im Jahr 2025 mehr als 10 Prozent erreichen. Im dritten Quartal lag sie mit 10,2
Prozent zwar etwas über dieser Marke. Ohne die aufgelöste Rückstellung hätte sie
jedoch nur 7,6 Prozent betragen.
Angesichts einer möglichen Übernahme der Commerzbank durch
die italienische Unicredit hält die Deutsche Bank für sich
inzwischen auch den Kauf eines anderen deutschen Geldhauses für denkbar. "Wie es
sich für ein gut geführtes Unternehmen gehört, prüfen wir immer unsere Optionen,
und die Konsolidierung im Inland steht ganz klar auf der Liste der Dinge, die
man in Betracht zieht", sagte Finanzchef von Moltke der Nachrichtenagentur
Bloomberg. "Wir wollen die Nummer eins in Deutschland bleiben."
Sollte die Unicredit tatsächlich die Commerzbank kaufen, werde dies die
Konkurrenzsituation in Deutschland nicht grundsätzlich verändern, sagte von
Moltke. Allerdings könnten in diesem Fall Kunden der beiden Institute zur
Deutschen Bank wechseln. Der Dax-Konzern hatte schon 2019 Übernahmegespräche mit
der Commerzbank geführt, den Plan aber wenig später begraben.
Jetzt macht der Vorstand den Deutsche-Bank-Aktionären wieder Hoffnung auf
weitere Aktienrückkäufe. Die Bank habe die entsprechende Genehmigung beantragt,
berichtete Sewing. Dabei zeigte er sich zuversichtlich, mehr Kapital an die
Anteilseigner auszuschütten als ursprünglich geplant. Damit sollte das Institut
für die Jahre 2021 bis 2025 mehr als acht Milliarden Euro für Dividenden und den
Rückkauf eigener Aktien ausgeben./stw/mis/jha/