dpa-AFX: ROUNDUP: Unzulässige Bankgebühren - Was bekommen Kunden zurück?
KARLSRUHE (dpa-AFX) - Viele Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen für ihr
Girokonto monatlich Kontoführungsgebühren. Wenn ihre Bank oder Sparkasse die
Gebühren erhöhen will, muss sie dafür zunächst die aktive Zustimmung der
Kundinnen und Kunden einholen. In der Vergangenheit war das nicht immer der
Fall. Nicht zum ersten Mal landet deshalb ein Streit um Kontogebühren am
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Worum es diesmal geht:
Was sind Kontoführungsgebühren?
"Die Verwaltung und der Betrieb eines Girokontos verursachen naturgemäß
Kosten", sagt Christian Urban, Leiter der Gruppe Finanzen und Versicherungen bei
der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Grundsätzlich ist es daher nicht
verwerflich, wenn Banken und Sparkassen dafür ein Entgelt verlangen." Ob und in
welcher Form Gebühren erhoben werden, kann demnach variieren: Von kostenlosen
Girokonten über solche mit Kontoführungsgebühren bis hin zu Modellen, bei denen
jede einzelne Buchung bezahlt werden muss.
Was können Verbraucher tun, wenn die Bank die Gebühren erhöht?
Wenn das Konto teurer wird, können Verbraucherinnen und Verbraucher dem
entweder aktiv zustimmen, kündigen oder ihre Zustimmung verweigern, erklärt
Urban. In letzterem Fall drohe allerdings eine bankseitige Kündigung. Selbst
dann bleibe für die Suche nach einer neuen Bank aber genug Zeit, da das Institut
eine mindestens zweimonatige Kündigungsfrist beachten muss. Wer dagegen den
Gebühren zustimmen wolle, sollte dies grundsätzlich aktiv tun, so der
Finanzexperte. "Anders als in der Vergangenheit dürfen die Banken nicht mehr
unterstellen, dass Kundinnen und Kunden der Preiserhöhung zustimmen, wenn diese
auf die Mitteilung über die Preiserhöhung schlicht nicht reagieren."
Was ist eine Zustimmungsfiktionsklausel?
Die sogenannte Zustimmungsfiktionsklausel ist eine Vertragsklausel, die
besagt, dass Änderungen in den Vertragsbedingungen als akzeptiert gelten, wenn
Kunden nicht innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen. Das wird auch
stillschweigende Zustimmung genannt. Entsprechende Klauseln habe es in der
Vergangenheit auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Banken und
Sparkassen gegeben, sagt Urban. Der BGH erklärte sie 2021 aber für unwirksam, da
die Klauseln zu weitreichend seien und die Kunden unangemessen benachteiligt
würden (Az. XI ZR 26/20).
Worum geht es diesmal in Karlsruhe?
"Infolge der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2021 konnten viele
Verbraucherinnen und Verbraucher gezahlte Bankentgelte zurückverlangen, wenn
diese auf einer unwirksamen Zustimmungsfiktionsklausel beruhten", sagt Urban. Am
höchsten deutschen Zivilgericht soll nun die bisher offene Frage geklärt werden,
wie weit diese Erstattungsansprüche zurückreichen und wie hoch sie ausfallen.
"Dabei wird vor allem die Frage eine Rolle spielen, ob die sogenannte
Dreijahreslösung, die der BGH zu Energielieferungsverträgen entwickelt hat, auf
Girokontoverträge übertragbar ist." Nach dieser Lösung würden nur die
Preiserhöhungen der letzten drei Jahre erstattet.
Wie landete das Thema beim BGH?
Am Dienstag verhandelt der für Bankenrecht zuständige Elfte Zivilsenat in
Karlsruhe zu der Klage eines Mannes gegen seine Sparkasse. Die hatte Anfang 2018
ohne seine aktive Zustimmung begonnen, Gebühren für sein Girokonto zu erheben
und stützte sich dabei auf eine Zustimmungsfiktionsklausel. Der Kontoinhaber
legte im Juli 2021 Widerspruch ein - und forderte schließlich vor Gericht eine
Rückzahlung der von 2018 bis 2021 erhobenen Entgelte. Das Landgericht Ingolstadt
urteilte in der Vorinstanz, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der
Gebühren, weil er deren Erhebung erst nach drei Jahren beanstandet habe. Der
Mann legte Revision ein. Ob am Dienstag ein Urteil fällt, ist unklar. (Az. XI ZR
139/23)
Welche Auswirkungen könnte das Urteil haben?
Trotz des verbraucherfreundlichen BGH-Urteils 2021 haben nur wenige
Verbraucherinnen und Verbraucher Erstattungsansprüche gegen die eigene Bank
geltend gemacht. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Vergleichsportals
Verivox aus dem Frühjahr. Demnach forderten nur 11 Prozent aller Kunden von
ihrer Bank Geld zurück - obwohl das Konto bei mindestens 40 Prozent in den drei
Jahren vor dem Urteil teurer geworden war. "Unabhängig vom Ausgang des aktuellen
Verfahrens werden die deutschen Banken und Sparkassen den Löwenanteil ihrer
widerrechtlich kassierten Kontogebühren behalten können", sagt Oliver Maier,
Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Die Kreditinstitute sind sehr
glimpflich davongekommen."/jml/DP/zb