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dpa-AFX: DSW: Deutsche Konzerne haben viele hausgemachte Probleme

FRANKFURT (dpa-AFX) - Veraltete Strukturen, aufgeblähte Verwaltungen und
schwache Innovationskraft sind nach Einschätzung des Anlegerschutzvereins DSW
wesentliche Gründe für die Krise der deutschen Wirtschaft. Die oft diskutierten
hohen Energiepreise spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle, heißt es in
einer Studie von DSW und der Strategieberatung Advyce & Company, für die
Einflussfaktoren auf 100 Börsenkonzerne untersucht wurden. Dafür litten
Unternehmen unter eigenen Versäumnissen.

Hohe Gehälter, altmodische Organisationen

Mit Corona und Ukrainekrieg hätten die Unternehmen schwierige Bedingungen
erlebt, sagt Studienautor Martin Geißler von Advyce. "Das darf aber nicht
verdecken, dass viele der aktuellen Probleme hausgemacht und das Resultat davon
sind, dass Unternehmen wichtige Veränderungen schlicht über zwei Jahrzehnte
verschlafen haben."

Viele Firmen leisteten sich altmodische Organisationsstrukturen mit
aufgeblähten Verwaltungen und wenig effizienten, kaum digitalisierten Prozessen
- so werden Strukturkosten in die Höhe getrieben, so die Analyse. Das treffe
besonders Banken und Pharmaindustrie. Zudem werde im globalen Vergleich zu wenig
in Forschung und Entwicklung investiert.

Burkhard Wagner, Geschäftsführer von Advyce, verwies etwa auf traditionell
hohe Gehälter bei Banken. IT-Unternehmen gelinge es dagegen, mit digitalisierten
Prozessen die Kosten deutlich zu senken. An die interne Bürokratie müsse das
Management vieler Unternehmen ran, sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

Für die Studie wurden mit einer Datenanalyse die Faktoren Energiekosten,
internationaler Wettbewerb, Fachkräftemangel, Regulatorik sowie Lohn- und
Strukturkosten und ihr Einfluss auf den Transformationsbedarf von 100
Börsenunternehmen untersucht, die im HDax notiert sind. Er umfasst den Leitindex
Dax , den Mittelwerteindex MDax und den TecDax
.

Energiekosten treffen nur wenige Branchen

Demnach belasten hohe Lohn- und Strukturkosten Unternehmen am meisten,
gefolgt von Bürokratie. Deutsche Firmen müssten rund 97.000 Einzelnormen
beachten - 18 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Dazu komme ein schärferer
internationaler Wettbewerb etwa aus China, der gerade die Autobranche treffe,
und Fachkräftemangel, gerade bei Ingenieuren und IT-Spezialisten.

Die gestiegenen Energiekosten träfen dagegen nur wenige Branchen wie Chemie
und Rohstoffproduzenten. "Für den Großteil der deutschen Wirtschaft, von der
Automobilindustrie über den Maschinenbau bis hin zur IT- und Gesundheitsbranche,
spielen sie nur eine untergeordnete Rolle, wenn man sie in Relation zu anderen
Kostenquellen betrachtet."

Die Studie zeigt aber auch großes Potenzial: So profitiere Deutschland von
einem international einzigartigen Fundament aus gut ausgebildeten Fachkräften
und hoch spezialisierten Unternehmen in fast allen Branchen. Allerdings müsse
die Politik die Lohnnebenkosten drücken, Industrien bei der Transformation
unterstützen und die Energiekosten senken./als/DP/tih

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