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dpa-AFX: ROUNDUP: Anzahl der Post-Beschwerden steigt auf Höchstwert

BONN (dpa-AFX) - Es geht um verlorene Briefe, beschädigte Pakete oder
verspätete Sendungen: Bei der Bundesnetzagentur sind noch nie so viele
Post-Beschwerden eingegangen wie im vergangenen Jahr. Wie die
Bonner Behörde auf dpa-Anfrage mitteilte, erreichten sie 44.406 Eingaben zu
Mängeln der Postversorgung und damit 2817 mehr als 2023, also ein Plus von fast
sieben Prozent. Der bisherige Höchstwert von 43.125 kritischen Wortmeldungen im
Jahr 2022 wurde damit knapp übertroffen.

Im Vergleich zu 2021 hat sich das Beschwerde-Level fast verdreifacht
(15.118). Damals machten Personalprobleme der Post zu schaffen, weswegen sich
die Zustellung von vielen Sendungen verzögerte und der Ärger der
Verbraucherinnen und Verbraucher größer wurde. Seither ist das Beschwerde-Level
hoch geblieben. Die Möglichkeit zur Kritik bezieht sich auf die ganze Post- und
Paketbranche, allerdings richteten sich im vergangenen Jahr 89 Prozent der
Beschwerden gegen den Marktführer DHL und seine Briefsparte Deutsche Post.

Meistens geht es um Mängel bei der Zustellung, aber auch um andere Themen
wie Filialen, bei denen Verbraucher auch innerhalb ihrer eigentlichen
Öffnungszeiten vor verschlossenen Türen standen, oder um Briefkästen, die
seltener geleert werden als früher. Für Frust sorgen auch angeblich
fehlgeschlagene Zustellversuche, obwohl der Empfänger doch daheim wartete und
die Klingel gut funktionierte - da drängt sich die Frage auf, ob der Paketbote
es überhaupt ernsthaft versucht hat.

Es geht um einen winzigen Prozentwert plus X

Der Post-Konzern DHL teilt mit, dass die Anzahl der auf ihn bezogenen
Beschwerden im Verhältnis zu den 12,2 Milliarden Briefen und 1,8 Milliarden
Paketen, die im vergangenen Jahr ausgeliefert wurden, gering sei. Ein
Firmensprecher betont aber, dass jede Beschwerde eine zu viel sei. "Wir arbeiten
täglich daran, unsere Qualität zu verbessern und möglichst wenig Anlässe für
Beschwerden entstehen zu lassen."

Der Statistik zufolge führen nur 0,0003 Prozent der Sendungen zu einer
Beschwerde bei der Bundesnetzagentur. Allerdings kann man sich auch direkt bei
DHL beschweren. Wie viele kritische Wortmeldungen die Firma direkt erreicht
haben, verrät der Konzern nicht. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von
Zustellfehlern, die zwar zu Frust beim Empfänger geführt, diesen aber nicht zu
einer Beschwerde bewegt haben. Letztlich ist die Beschwerdezahl der
Bundesnetzagentur nur ein Indikator, dass etwas im Argen liegen könnte in der
Branche, die einen hohen Zeit- und Kostendruck hat.

Post begründet Probleme mit Personalengpässen

Wenn sich kritische Wortmeldungen in einer Region häufen, leitet die
Bundesnetzagentur sogenannte Anlassprüfungen wegen unterbliebener oder
mangelhafter Briefzustellung ein. Im vergangenen Jahr waren das 27 und damit
acht weniger als 2023. Relativ viel Unmut gab es nach Angaben der Bonner Behörde
etwa im Oktober 2024 in Bochum, wo die Post ihre Zustellprobleme mit
Personalengpässen und organisatorischen Engpässen begründete. Die Post reagierte
dort mit Neueinstellungen und Vertretungskräften. Im Januar 2025 hatte sich die
Zustellsituation stabilisiert, wie die Bundesnetzagentur schreibt.

Ähnliche Zustelldefizite gab es im vergangenen Jahr zwischenzeitlich etwa in
Stuhr (Niedersachsen), Erlensee (Hessen), Hamburg, Freudenstadt
(Baden-Württemberg), Planegg (Bayern) und Neuenhagen (Brandenburg). Nicht nur
Personallücken spielten eine Rolle, sondern mitunter auch schlechtes Wetter und
ungewohnt hohe Sendungsmengen.

Bei den Anlassprüfungen handelt es sich nur um eine Art mahnenden
Zeigefinger der Bundesnetzagentur. Mit der Anfang 2025 in Kraft getretenen
Postgesetz-Reform ist das bislang stumpfe Schwert der Aufsichtsbehörde aber
etwas schärfer geworden, künftig kann die Behörde Bußgelder verhängen. Auch wenn
solche Zahlungen noch reine Theorie und somit gar nicht absehbar sind: Der Druck
auf den Logistikkonzern ist gestiegen, damit er keine allzu schlechte Arbeit
abliefert.

Verschlechtert der Personalabbau die Zustellqualität?

Kürzlich verkündete die Post binnen weniger Tage zwei Nachrichten. Zunächst
wurde eine Tarifeinigung mit Verdi vermeldet, die den 170.000 Tarifbeschäftigten
schrittweise insgesamt fünf Prozent mehr Lohn einbringt. Wenig später folgte
eine schlechte Nachricht: Wegen hoher Kosten baut die Post bis zum Jahresende
8000 Stellen ab, das sind etwas mehr als vier Prozent der zuletzt 187.000
Stellen im deutschen Brief- und Paketgeschäft. Dabei spielte auch eine Rolle,
dass die Portoerhöhung, die es Anfang des Jahres gegeben hatte, der Post nicht
hoch genug gewesen war und die Firma daher nicht so viel Geld in die Kasse
bekommt wie erhofft.

Und was sagt die Politik zu dem hohen Beschwerdeaufkommen? Der
SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff gibt der Post in dem Punkt recht, als
dass die Zahl der Beschwerden im Verhältnis zu den Milliarden an Sendungen
tatsächlich gering sei. Dennoch dürfe der Ärger von Zehntausenden
Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht auf die leichte Schulter genommen
werden, mahnt der Sozialdemokrat. "Die Post ist gehalten, den Universaldienst in
hoher Qualität sicherzustellen und die Beschwerden weiterhin ernst zu nehmen."
Mit Universaldienst ist gemeint, dass die Post überall in Deutschland Briefe
zustellen sowie flächendeckend Briefkästen und Filialen haben muss.

Mit Blick auf den Stellenabbau der Post merkt Roloff an, dass dieser nicht
zu einem Qualitätsverlust in der Zustellung führen dürfe. "Die regionalen
Anlassprüfungen zeigen schon jetzt, dass das Personal mancherorts knapp ist",
sagt der SPDler, der die Postgesetz-Reform mitverhandelt hat. "Den Gürtel noch
enger zu schnallen, könnte die Zustellsituation verschlechtern und den Unmut der
Bürgerinnen und Bürger wachsen lassen."/wdw/DP/mis

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