dpa-AFX: Webasto-Chef Engelmann räumt vorzeitig seinen Posten
STOCKDORF (dpa-AFX) - Bei dem zum Sanierungsfall gewordenen Autozulieferer
Webasto räumt Vorstandschef Holger Engelmann vorzeitig seinen Posten. Der 59
Jahre alte Manager wird zum Wochenende ausscheiden. Am kommenden Montag soll
Nachfolger Jörg Buchheim den Chefposten übernehmen, wie Webasto mitteilte.
Darauf hätten sich Aufsichtsrat und Engelmann einvernehmlich verständigt.
Weltweit beschäftigte der große Zulieferer Ende 2023 gut 16.000 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an über 50 Standorten.
Der richtige Zeitpunkt neun Monate vor Vertragsende
"Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt für diese wichtige Entscheidung, da die
nun anstehende Phase der Restrukturierung personelle Kontinuität benötigt",
sagte Engelmann der Mitteilung zufolge. Sein Vertrag wäre eigentlich Ende des
Jahres ausgelaufen. Engelmann stand seit 2013 an der Spitze des 124 Jahre alten
Familienunternehmens, dessen wichtigste Produkte Schiebe- und Panoramadächer für
Autos sind. Außerdem stellt das in Stockdorf vor den Toren Münchens ansässige
Unternehmen unter anderem Standheizungen sowie Batteriesysteme für E-Autos her.
Ein Urenkel des Firmengründers Wilhelm Baier ist heute noch Miteigentümer und
Aufsichtsratsmitglied.
Webasto war im vergangenen Jahr in finanzielle Schieflage geraten und hatte
im Dezember eine Stabilisierungsvereinbarung mit den wichtigsten Gläubigern
abgeschlossen. Die Lage ist so schwierig, dass das Unternehmen im Januar den
Unternehmensberater Johann Stohner als "Chief Restructuring Officer" in den
Vorstand berufen hatte. Derzeit ist ein Sanierungsgutachten in Arbeit.
Problemstandort China
Der nun ausscheidende Engelmann hatte in den im Rückblick goldenen 2010er
Jahren das Chinageschäft sehr stark ausgebaut, doch ist die deutsche Autobranche
insgesamt in ihrem wichtigsten Absatzmarkt ins Hintertreffen geraten.
Chinesische E-Auto-Hersteller haben die lange vom Erfolg verwöhnten deutschen
Konkurrenten mittlerweile hinter sich gelassen. Webasto betreibt insgesamt neun
Standorte in der Volksrepublik, davon sieben Werke. Zwei Standorte sind im
vergangenen Jahr bereits geschlossen worden.
Der künftige Vorstandschef Buchheim (57) ist kein Webasto-Mann, sondern
wurde von außen geholt. Der studierte Elektrotechniker hat laut Webasto eine
"nachgewiesene Erfolgsbilanz in der Transformation und Neuausrichtung
internationaler Automobilzulieferer". Auch in Ostasien kennt sich Buchheim aus,
bei einem seiner früheren Arbeitgeber leitete er das Chinageschäft.
Die Wirtschaftskrise trifft etliche Autozulieferer noch härter als die
eigentlichen Hersteller. Dabei stellen bedeutende Zulieferer nicht nur Teile
her, sondern waren in den vergangenen Jahren auch maßgeblich an Innovationen
beteiligt. Etliche bekannte Firmen, darunter Bosch und Continental
, haben weitreichende Sparprogramme angekündigt./cho/DP/zb