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dpa-AFX: ROUNDUP: Gewinn bei BMW sackt ab - Mit Vorsicht ins neue Jahr
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Jetzt auch BMW : Der Münchner
Autohersteller muss für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 einen Gewinneinbruch
hinnehmen. Nach Steuern verdiente der Konzern nach ANgaben vom Freitag 7,7
Milliarden Euro. Das klingt viel, ist aber 37 Prozent weniger als im Jahr davor
und schon der zweite starke Rückgang. Neben schwächelnden Verkäufen in China
litten die Münchner auch unter Problemen mit vom Zulieferer Continental
bezogenen Bremsen. Die Dividende soll von 6 Euro auf 4,30 Euro
schrumpfen.
Auch der Umsatz musste einen deutlichen Dämpfern hinnehmen. 142 Milliarden
Euro sind ein Minus von 8,4 Prozent. Immerhin, für das laufende Jahr erwartet
BMW eine steigende Nachfrage. Trotz der "herausfordernden" Situation und den
zuletzt von den USA verhängten Zollerhöhungen soll das Vorsteuerergebnis wieder
in etwa auf dem Niveau von 2024 landen. Eine Prognose zum Gewinn nach Steuern
gibt BMW nicht.
Der Gewinn vor Zinsen und Steuern fiel unerwartet deutlich um knapp 38
Prozent auf 11,5 Milliarden Euro. In der Autosparte rutschte die operative
Gewinnmarge um 3,5 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent ab. Im neuen Jahr geht das
Management hier von 5,0 bis 7,0 Prozent aus und schließt damit eine weitere
Verschlechterung trotz sinkender Investitionen und einem erwarteten leichten
Absatzplus nicht aus. Analysten lagen mit ihren Schätzungen bisher eher am
oberen Ende der Spanne. Die BMW-Aktie gab vorbörslich auf der Handelsplattform
Tradegate um 2,5 Prozent gegenüber dem Xetra-Schluss vom Vorabend nach.
BMW steht mit seinem Gewinneinbruch nicht alleine da. Auch die beiden
anderen großen deutschen Autokonzerne, Volkswagen und
Mercedes-Benz , haben ähnliche Abstürze gemeldet. Bei VW
war es um 31 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro nach unten
gegangen, bei Mercedes um 28 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Auch sie klagen
unter anderem über das schwierige Umfeld in China.
Sind die deutschen Autobauer also tief in der Krise? Das kommt darauf an,
aus welchem Blickwinkel man es betrachtet: Geld oder Zukunft.
Noch wird gut verdient
Um die Frage nach der finanziellen Lage richtig einzuschätzen, lohnt es, den
Blick zu weiten. Man dürfe die aktuellen Ergebnisse nicht nur mit den letzten
paar Jahren vergleichen, sagt Branchenexperte Frank Schwope, der
Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover
lehrt.
"Wir sehen im Moment eine Normalisierung nach einer Sondersituation mit
bisher nicht gekannten Profiten. Nach dem ersten Corona-Einbruch 2020 gab es in
den folgenden Jahren - insbesondere durch den Chip- beziehungsweise
Fahrzeugmangel - kaum Rabatte und eine Verschiebung hin zu teureren Modellen",
erklärt er. "Das brachte den Herstellern wie VW, Mercedes oder BMW exorbitant
hohe Margen ein, die normalerweise so nicht zu erreichen sind."
Das lässt sich auch an den BMW-Zahlen nachvollziehen: Der bisherige
Rekordgewinn von 18,6 Milliarden Euro datiert aus dem Jahr 2022. 2021 und 2023
waren es jeweils mehr als 12 Milliarden. Verglichen damit sieht das aktuelle
Ergebnis mickrig aus. Doch bevor diese drei besonderen Jahre den Maßstab
veränderten, lag der alte Rekordgewinn aus dem Jahr 2017 bei 8,7 Milliarden.
Selbst wenn man die Inflation berücksichtigt, sieht das aktuelle Ergebnis von
7,7 Milliarden im Vergleich nicht mehr ganz so schlecht aus.
So sieht das auch Schwope, der sich damit aber auf alle drei großen Konzerne
bezieht: "Die aktuellen Zahlen sind nicht schlecht. Sie sehen nur im Vergleich
mit den Sonderjahren schlecht aus", sagt er. Von Krise will er deswegen nicht
sprechen. "Natürlich kommt es immer darauf an, wie man Krise definiert, aber ich
denke da eher an Zeiten, in denen beispielsweise VW in die roten Zahlen
gerutscht ist." Die aktuellen Zahlen jedenfalls seien kein Grund, zu jammern.
Branche hat Sorgen vor der Zukunft
Das ist aber kein Grund zur Entwarnung: Denn die Zeiten seien herausfordernd
und die Hersteller hätten berechtigte "Sorge vor einer drohenden Krise und tun
gut daran, die Strukturen frühzeitig wetterfest anzupassen", sagt Schwope.
VW ist bereits dabei: Unter anderem soll bei der Kernmarke VW Pkw bis 2030
in Deutschland fast jeder vierte Job wegfallen. Auch Mercedes will die Kosten in
den kommenden Jahren um mehrere Milliarden Euro drücken und hat ein
Abfindungsprogramm angekündigt. Und die Liste lässt sich fortsetzen: Bei Porsche
stehen 1900 Jobs auf der Streichliste bei Ford in Deutschland
2900. Bei den Zulieferern wird ebenfalls gestrichen oder abgebaut: Bosch,
Schaeffler , ZF, Continental, Thyssenkrupp - um nur
einige Namen zu nennen.
Diese Sorgen drücken sich auch in der Stimmung in der Branche aus. Und die
ist schlecht - insbesondere wenn man auch die Zulieferer mit in den Blick nimmt.
Der vom Münchner Ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex für die Autoindustrie
liegt derzeit knapp 35 Punkten tief im Minus.
Immerhin: BMW kann sich dem ein Stück weit entziehen: Der fest angestellte
Personalbestand stieg zuletzt leicht.
Verwerfungen stehen an
Auch die Unternehmensberatung AlixPartners sieht die globale Autoindustrie
besonders von Disruption betroffen. Die größten Probleme seien gestörte
Lieferketten, steigende Materialkosten und wachsende Unsicherheiten in
internationalen Handelsbeziehungen. Letztere werden nicht zuletzt von den
Zollplänen des US-Präsidenten Donald Trump bedroht.
Dazu kommen die relativ hohen Kosten für Personal und Energie im Heimatland.
Und dann ist da noch China: Einerseits ist der weltgrößte Markt, der lange für
rasantes Wachstum und hohe Gewinne gesorgt hatte, deutlich schwieriger geworden.
Andererseits wird die Konkurrenz von dort immer stärker - gerade im immer
wichtiger werdenden Bereich der Elektromobilität.
Letztere ist ebenfalls ein Problemfeld für sich. Noch machen die reinen
Stromer nur relativ kleine Anteile an den Verkäufen der Konzerne aus und das
parallele Arbeiten mit Verbrennern, Hybriden und reinen Stromern macht vieles
komplizierter. Und bei den meisten Herstellern kommt der Absatz der Elektroautos
nicht recht voran. BMW steht hier zwar sehr viel besser da, als die anderen
deutschen Hersteller und konnte seinen Absatz vergangenes Jahr deutlich
steigern. Doch auch verkaufte 427.000 E-Fahrzeuge sind noch nicht einmal ein
Fünftel der eigenen Gesamtproduktion.
Dennoch bezeichnet BMW sie als wichtigsten Wachstumstreiber. Zusätzlichen
Schub soll hier die neue Klasse bringen. Deren erstes Serienfahrzeug soll Ende
2025 in Produktion gehen. Auch dafür hat BMW vergangenes Jahr viel Geld in die
Hand genommen. Für Forschung und Entwicklung gab der Konzern insgesamt 18
Milliarden Euro aus./ruc/men