dpa-AFX: ROUNDUP/Trockenheit: Wie gravierend sind die Folgen für die Natur?
BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts der seit Wochen anhaltenden Trockenheit warnt
der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor schwerwiegenden
Folgen für Umwelt und Natur. Extremes Niedrigwasser am Bodensee, sinkende
Flusspegel und erhöhte Waldbrandgefahr seien nur einige davon, teilte der BUND
in einer Erklärung mit. Ein anderer Experte beurteilt die Lage weniger
dramatisch.
"Wir warnen davor, die jetzige Trockenheit als reine Wetterlage zu
betrachten. Die Problematik geht viel tiefer", betonte Verena Graichen,
Geschäftsführerin Politik beim BUND. "Regen im Frühjahr ist das Startsignal für
die Natur. Bleibt dieses Signal aus, geraten Böden, Pflanzen und Tiere
frühzeitig unter Stress - mit Folgen für die gesamte Vegetationsperiode und die
biologische Vielfalt."
BUND fordert mehr Widerstandsfähigkeit gegen Klimakrise
Besonders betroffen seien flach wurzelnde Pflanzen, keimende Saaten und
viele Tiere, insbesondere Insekten. Damit sei auch der Zustand von Lebensräumen
wie Wiesen, Wäldern, Mooren und Auen bedroht. "Der BUND fordert daher gezielte
Fördermaßnahmen, die sowohl die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen stärken als
auch zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt beitragen", teilte der
Umweltverband mit.
"Im Interesse von Natur, Landwirtschaft und Menschen ist jetzt die Zeit,
Landschaften widerstandsfähiger gegen die Klimakrise zu machen", betonte
Graichen. Dass Trockenperioden wie die derzeitige im Zuge des Klimawandels
häufiger werden, bestätigten der Deutsche Wetterdienst (DWD) sowie Alexander
Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).
Experte Marx sieht die Lage weniger dramatisch
Marx betonte allerdings, dass Extremwetterereignisse wie etwa Dürren nicht
direkt "das neue Normal" würden. Stattdessen würden die Abstände zwischen ihnen
geringer. Die aktuelle Trockenperiode betrachtet er mit weniger Sorge als der
BUND.
Zwar sei die Lage für Landwirte und kleinere Pflanzen sowie junge Bäume
nicht optimal, da die Böden in den oberen Schichten sehr trocken sind, doch ein
paar Tage Regen könnten die Situation schon wieder deutlich verbessern. "Zwei
bis drei nasse Tage helfen da schnell", sagte Marx der Deutschen Presse-Agentur.
Bis dahin müssten die Landwirte ihr Gemüse mehr bewässern als normal.
Auch Förster seien aktuell noch relativ unbesorgt, sagte Marx. Eher
problematisch sei die Situation für die Schifffahrt auf dem Rhein, wo derzeit
Niedrigwasser herrscht. Die Schiffe könnten nicht mehr vollständig beladen
werden, die Fracht werde teurer, erklärte er.
Aber hier könnten die für den Westen vorausgesagten Regenfälle die Lage
verbessern - auch beim Bodensee, wo aktuell extremes Niedrigwasser herrscht.
Insgesamt sei die aktuelle Trockenperiode noch sehr kurz, betonte Marx. Sie
sei zwar für die Jahreszeit ungewöhnlich, stelle aber kein außergewöhnliches
Wetterereignis dar. Die tieferen Bodenschichten sowie die Grundwasserspeicher
würden noch keinen Anlass zur Sorge bieten: "Das Grundwasser hat ein langes
Gedächtnis", sagte Marx. "Richtige Schäden entstehen erst durch lang andauernde
Dürre über Monate."
Wolf Merkel vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) gibt für
den Moment ebenfalls Entwarnung: "Die Wasserversorgung ist sichergestellt",
sagte er in einem Pressegespräch, die Systeme könnten gewisse Schwankungen
abfedern. Generell gelte aber: "Wasser kann temporär und regional knapp werden
und Verteilungskonflikte, die sich daraus ergeben, werden im Klimawandel auch
zunehmen." Niederschlag werde unberechenbarer, und wenn nach langer Trockenheit
viel Wasser in Form von Starkregen falle, könne es schwerer effizient genutzt
werden./ram/DP/men