dpa-AFX: Wüst-Reise in Golfregion: NRW hofft auf Wirtschaftsimpulse
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Nordrhein-Westfalen möchte wirtschaftlich näher an
die arabische Region heranrücken und somit finanzstarke Partner an seiner Seite
haben. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bricht am Dienstag zu einer
viertägigen Reise nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE)
auf, bei der ihn eine Delegation von mehr als einem Dutzend Vorstandschefs und
Vorstandsmitgliedern von Konzernen begleitet. Darunter sind Vertreter von RWE
, Uniper , Thyssenkrupp , DHL
und Covestro . Auch der Duisburger Hafen und die
Düsseldorfer Messe sind dabei.
Auf der Reise in die Staaten, die große Öl- und Gasvorkommen haben, sollen
Gespräche über Geschäfte und Investitionen geführt und politische Kooperationen
ausgelotet werden. Es geht um Energie und Anwendungen der Künstlichen
Intelligenz (KI). Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dem veränderten
geopolitischen Kurs der USA, die Europa militärisch im Wesentlichen sich selbst
überlassen wollen, steigt die Bedeutung des arabischen Raums für Deutschland und
damit auch für NRW: Die Golfstaaten werden als Partner umworben, sowohl
politisch als auch wirtschaftlich.
Erstmals überhaupt fährt ein nordrhein-westfälischer Ministerpräsident in
offizieller Funktion nach Katar, in den Vereinigten Arabischen Emiraten war
zuletzt NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) im Jahr 2009.
Arabische Investitionen in NRW
Die arabischen Staaten sind schon jetzt ein starker Investor in NRW, so hält
etwa der katarische Staatsfonds einen Anteil von 9,1 Prozent am Energiekonzern
RWE und ist damit größter Einzelaktionär. Der Ölkonzern Adnoc aus Abu Dhabi ist
auf dem Weg, den Leverkusener Spezialchemiekonzern Covestro zu übernehmen,
dessen Geschäftsfeld früher zu Bayer gehörte.
Beim Umbau der Industrie soll Wasserstoff künftig eine zentrale Funktion
einnehmen, hierbei möchte Katar kräftig mitmischen. Eine Thyssenkrupp-Tochter
baut dort eine Produktionsanlage für Ammoniak, das beim Transport und bei der
Speicherung von Wasserstoff benötigt wird. Die Anlage soll im kommenden Jahr
fertig sein. Die Golfregion entwickele sich zu einem wichtigen Zukunftsmarkt für
Dekarbonisierungstechnologien, heißt es von Thyssenkrupp. Man sehe dort "großes
Potenzial für strategische Partnerschaften und gemeinsame Projekte" etwa zum
Wasserstoff.
Ziel: Duisburg als zentrale Drehscheibe für Grünen Ammoniak in Europa
Der Duisburger Hafen ist nach eigenen Angaben im intensiven Austausch mit
staatlichen Unternehmen aus den VAE zum Thema Wasserstoff und Ammoniak. "Ziel
ist die Etablierung Duisburgs als zentrale Import- und Distributionsdrehscheibe
für Grünen Ammoniak in Europa", sagt ein Duisport-Sprecher. Es gehe um eine
Infrastruktur-Partnerschaft zum Ausbau von Ammoniak-Lagerkapazitäten und um den
Weitertransport per Binnenschiff, Bahn und Pipeline.
Der Chef der Düsseldorfer Messe, Wolfram Diener, betont, dass die Golfregion
aktuell zu den dynamischsten Messemärkten der Welt gehöre. "Als Messe Düsseldorf
wollen wir uns dort strategisch positionieren, um den Messestandort Düsseldorf
und Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft global wettbewerbsfähig zu halten", sagt
der Manager. Er wolle auf der Reise bestehende Kontakte vertiefen und neue
Geschäftsbeziehungen knüpfen.
2026 möchte das Düsseldorfer Unternehmen Messen in Dubai veranstalten, in
Riad (Saudi-Arabien) bringt die Firma schon im Mai eine Messe heraus. Die
Golfregion habe ein hohes strategisches Potenzial, sagt der Düsseldorfer
Messechef. "Staaten wie Katar und das Emirat Abu Dhabi verfügen über erhebliche
Wirtschaftskraft."
Wirtschaftlich geht es im arabischen Raum steil nach oben
Das Wirtschaftswachstum der Golfstaaten ist beachtlich. Lag das
Bruttoinlandsprodukt 2015 laut Statistischem Bundesamt noch bei rund 162
Milliarden Dollar (aktuell 143 Milliarden Euro), so werden es dieses Jahr
schätzungsweise 226 Milliarden Dollar sein und 2029 schon 282 Milliarden Dollar.
Die Vereinigten Arabischen Emirate lagen 2015 den Angaben zufolge bei 370
Milliarden Dollar, dieses Jahr sollen es 569 Milliarden Dollar sein und 2029
schon 713 Milliarden Dollar.
Auch der Bonner Logistikkonzern DHL betont die Wachstumsdynamik der VAE und
von Katar, das Unternehmen hat dort rund 3.000 Mitarbeiter. In Dubai hat DHL
eins seiner weltweit vier Innovationszentren. "In den letzten Jahren hat DHL
auch strategische Partnerschaften und Investitionen getätigt, um das Wachstum in
der Region weiter voranzutreiben", sagt eine Firmensprecherin. Die Region sei
ein wichtiger Handelspartner für Deutschland und insbesondere für
Nordrhein-Westfalen.
NRW exportiert in die Emirate - aber kaum nach Katar
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes hat Nordrhein-Westfalens
Wirtschaft im Jahr 2024 Waren im Wert von 1,1 Milliarden Euro in die Vereinigten
Arabischen Emirate exportiert, das waren 41 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor.
Es ging etwa um Rohre und Ventile. Exporte nach Katar spielten hingegen kaum
eine Rolle, 2024 waren es den Angaben zufolge nur 11,9 Millionen Euro.
Importiert wurde etwa Erdöl.
Abseits der Handelsströme spielen die Staaten als Investoren in NRW eine
große Rolle sowie als Geschäftspartner vor Ort. So hat der Dortmunder
Pumpenhersteller Wilo einen Produktionsstandort in Dubai, dessen Kapazitäten
kürzlich verdoppelt wurde. Damit wolle man die steigende Nachfrage nach
nachhaltigen Pumpen und Pumpensystemen im Mittleren Osten und Nordafrika
bedienen, sagt ein Firmensprecher. Wilo-Chef Oliver Hermes ist bei der
Wüst-Reise mit dabei./wdw/DP/zb