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dpa-AFX: ROUNDUP:/Konkurs abgewendet: Nord Stream 2 AG kann weiter machen

ZUG (dpa-AFX) - Der hoch verschuldete russische Pipeline-Betreiber Nord
Stream 2 AG kann vorerst weiter nach einem neuen Investor suchen: Das Gericht im
Schweizer Kanton Zug hat den Nachlassvertrag genehmigt, der die Sanierung durch
einen Schuldenschnitt möglich macht. Andernfalls wäre nach Schweizer Recht der
Konkurs verhängt worden - was einem deutschen Insolvenzverfahren entspricht.
Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom und hat
seinen Sitz im Kanton Zug.

Großgläubiger wie die westeuropäischen Energiekonzerne Engie ,
OMV , Shell , Uniper und Wintershall
einigten sich am 30. April auf einen Nachlassvertrag, wie das Gericht mitteilte.
Weil dagegen noch Beschwerde eingelegt werden kann, erteile es keine weiteren
Auskünfte.

Die Großgläubiger dürften erhebliche Abschläge auf ihre Investitionen in
Kauf genommen haben. Sie hatten Milliardenbeträge investiert. Um den
Nachlassvertrag wurde zweieinhalb Jahre gerungen. Der Bau der Pipeline kostete
knapp zehn Milliarden Euro.

Kleingläubiger entschädigt

Die Forderungen der Kleingläubiger - darunter zahlreiche Baufirmen in
Mecklenburg-Vorpommern - sollten gemäß Weisung des Gerichts von Januar voll
entschädigt werden. Zumindest einige haben zuletzt bestätigt, dass ihre
Rechnungen beglichen wurden.

Die Nord Stream 2 sollte Erdgas aus Russland durch zwei 1.200 Kilometer
lange Stränge in der Ostsee nach Deutschland bringen. Die Pipeline wurde fertig
gebaut, ging aber nie in Betrieb. Kurz nach dem russischen Überfall auf die
Ukraine im Februar 2022 stoppte die deutsche Regierung das Projekt. Einer der
Röhrenstränge wurde bei einem Anschlag im September 2022 zerstört, ebenso wie
die Stränge der bereits in Betrieb genommenen Nord-Stream-1-Pipeline.

US-Interesse für Pipeline

In Medien wurde zuletzt über den Einstieg von US-Investoren spekuliert.
Genannt wird etwa der wohlhabende US-Geschäftsmann und Unterstützer von
US-Präsident Donald Trump, Stephen P. Lynch. Dem "Wall Street Journal" sagte er,
der Kauf sei eine einmalige Gelegenheit, die Energieversorgung Europas unter
amerikanische und europäische Kontrolle zu bringen. Die Idee ist, russisches Gas
durch eine dann amerikanische Pipeline nach Europa zu pumpen. Lynch ist seit 20
Jahren in Osteuropa und Russland tätig.

Der Pipeline-Betrieb könnte Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung
zur Beilegung des Ukraine-Kriegs werden. Der russische Außenminister Sergej
Lawrow hatte im März im staatlichen Fernsehen gesagt: "Über Nord Stream wird
gesprochen."

Der Gasmarkt-Analyst Heiko Lohmann meinte dazu: "Ich würde nicht
ausschließen, dass US-Investoren die Pipeline für den Transport von russischem
Gas kaufen und US-Präsident Donald Trump dann Druck ausübt, dass die Europäer
das auch nutzen", sagte er der dpa. "Es gibt ja bisher keine Sanktionen gegen
russisches Gas." Allerdings hat die EU gerade erst Pläne vorgelegt, wie der
Import von russischem Gas bis 2027 gänzlich gestoppt werden soll.

Neue Verwendung der Pipeline

Lohmann ist skeptisch, was die Weiterverwendung der Pipeline angeht.
"Gaswirtschaftlich gesehen sehe ich keine Zukunft für die Nord Stream 2, als
Erdgaspipeline", sagte Lohmann der dpa. "Wenn es überhaupt einen fairen Frieden
zwischen Russland und der Ukraine gibt, mit vermittelt von der EU, dann könnten
russische Gaslieferungen Teil der Zukunft sein. Aber da würde man die Pipelines
durch die Ukraine und Polen nutzen. Die benötigten Mengen wären dann so, dass
man die Nord Stream 2 gar nicht braucht."

Es sei geprüft worden, dass die Pipeline auch Wasserstoff transportieren
könnte, etwa von Finnland nach Deutschland. "Wie realistisch das ist, ist schwer
zu sagen", sagte Lohmann./oe/DP/mis

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