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dpa-AFX: ROUNDUP: Vorerst keine Senkung der Stromsteuer für alle

BERLIN (dpa-AFX) - Die Spitzen von Union und SPD haben vorerst keine
Einigung über eine weitergehende Senkung der Stromsteuer erzielt. Wie es in
einem Ergebnispapier nach rund fünfstündigen Beratungen des
Koalitionsausschusses heißt, sollen dabei weitere Entlastungsschritte - vor
allem für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gesamte Wirtschaft - aber
folgen, sobald "hierfür finanzielle Spielräume bestehen". Das bedeutet: Dies ist
auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben.

Eine Entscheidung gab es dagegen zur Ausweitung der Mütterrente. Diese soll
zum 1. Januar 2027 umgesetzt werden. Sofern eine technische Umsetzung erst zu
einem späteren Zeitpunkt möglich sei, werde die Mütterrente rückwirkend
ausgezahlt, heißt es im Ergebnispapier.

Energie

Der Koalitionsausschuss bekräftigte die Beschlüsse des Kabinetts von
vergangener Woche. Das Kabinett hatte Entlastungen zum 1. Januar bei den
Netzentgelten sowie die Abschaffung der Gasspeicherumlage für Gaskunden auf den
Weg gebracht. Bei der Stromsteuer soll die Senkung für die Industrie, Land- und
Forstwirtschaft "verstetigt" werden.

Dass die Stromsteuer - entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag - nicht
für alle gesenkt werden soll, also nicht für alle Betriebe sowie nicht für
private Haushalte, hatte breite Kritik ausgelöst. Bundeskanzler Friedrich Merz
(CDU) und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatten die Entscheidung mit
Haushaltszwängen begründet.

Milliardenkosten

Die Kernfrage ist, wie eine Senkung der Stromsteuer für alle Betriebe und
Verbraucher finanziert werden kann - das würde nach Angaben des
Bundesfinanzministeriums im kommenden Jahr rund 5,4 Milliarden Euro zusätzlich
kosten. Dazu müsste die Koalition bei anderen Vorhaben Abstriche machen.

Merz hatte vor dem Treffen eine Lösung in Aussicht gestellt. "Wenn wir mehr
tun können für die privaten Haushalte, dann werden wir das tun", sagte der
CDU-Chef in der ARD-Talkshow "Maischberger". Dazu kommt es nun zunächst nicht.

Beschlossene Entlastungen

Im Ergebnispapier rechnen Union und SPD vor, was der bestehende
Kabinettsbeschluss an Entlastungen bringt. Die Netzentgelte, ein Bestandteil des
Strompreises, sollen gesenkt und die Gasspeicherumlage für Gaskunden abgeschafft
werden. Zusammen mit der weiteren Senkung der Stromsteuer für produzierende
Unternehmen sei dies in der Jahreswirkung eine Entlastung von rund 10 Milliarden
Euro für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft, heißt es.

"Durch diese als ersten Schritt vereinbarten Maßnahmen der Koalition zur
Senkung der Energiepreise werden alle Verbraucherinnen und Verbraucher,
Privathaushalte und Familien bereits um bis zu 3 Cent pro Kilowattstunde (kWh)
entlastet", heißt es im Papier. Dies bedeute für eine vierköpfige Familie eine
Entlastung von bis zu 100 Euro pro Jahr.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD angekündigt: "Wir wollen
Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro
kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten."

Die Entscheidung zur Stromsteuer hatte die Regierung damit begründet, dass
angesichts der Wachstumsschwäche Entlastungen für die Industrie Priorität
hätten, um Jobs zu sichern.

Mütterrente

Die ausgeweitete Mütterrente soll bereits zum 1. Januar 2027 starten - und
damit ein Jahr früher als zunächst angenommen. "Sofern eine technische Umsetzung
erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist, wird die Mütterrente rückwirkend
ausgezahlt", heißt es im Papier von Union und SPD.

Die Rentenversicherung hatte den Mitgliedern des Gremiums zuletzt
schriftlich mitgeteilt, dass eine Umsetzung wegen umfassender individueller
Anspruchsprüfungen erst Anfang 2028 möglich sei. Also dürfte bei den Betroffenen
das Geld für 2027 nachträglich fließen.

Was ist die ausgeweitete Mütterrente?

Bei der ausgeweiteten Mütterrente - einem von der CSU geforderten Projekt -
soll die Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung künftig für
vor 1992 geborene Kinder verlängert werden, und zwar um sechs Monate auf drei
Jahre. Bereits im Juni hatte es geheißen, die Rentenversicherung brauche für die
technische Umsetzung zwei Jahre nach Verkündung des Gesetzes. Im
Koalitionsvertrag ist kein Datum für diese Gewährleistung von "Wertschätzung und
Anerkennung für alle Mütter" genannt. Die Finanzierung soll aus Steuermitteln
erfolgen.

Rentenpaket

"Die Komponenten Verlängerung der Haltelinie für das Rentenniveau sowie
Mütterrente werden mit dem vorliegendem Rentenpaket 2025 als erster Schritt
umgesetzt", bekräftigen die Koalitionäre. Insgesamt veranschlagt
Bundesarbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas für ihr erstes Rentengesetz
laut dessen Entwurf zusätzliche Ausgaben von zunächst 4,1 Milliarden Euro ab
2029. Im Jahr 2030 sollen die Kosten auf 9,4 Milliarden Euro steigen, 2031 auf
11,2 Milliarden Euro.

Die - der SPD besonders wichtige - Verlängerung der Haltelinie soll über das
laufende Jahr bis 2031 verlängert werden. Andernfalls würden die Renten bei
verstärktem Übertritt der Babyboomer in die Rente absehbar sinken.

"Der zweite Teil des Rentenpakets bestehend aus Aktivrente, Frühstartrente
sowie Betriebsrentenstärkungsgesetz wird im Herbst im Kabinett beschlossen und
soll (mit Ausnahme der Frühstartrente) zum 01. Januar 2026 umgesetzt werden", so
die Koalition weiter.

Zentrales Gremium

Der Koalitionsausschuss gilt als zentrales Planungsgremium des neuen
Regierungsbündnisses und tagt mindestens einmal im Monat. Er befasst sich mit
"Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die zwischen den
Koalitionspartnern abgestimmt werden müssen, und führt in Konfliktfällen Konsens
herbei", wie es im Koalitionsvertrag heißt.

Dem Ausschuss gehören zehn Männer und nur eine Frau an, was für viel Kritik
gesorgt hat. In der ersten Sitzung war noch Saskia Esken als SPD-Chefin dabei.
Diesmal hatte deren Nachfolgerin Bas ihre Premiere in dem Gremium, die am
Wochenende an die Parteispitze gewählt wurde.

Frei bei Sparkassen-Forum statt im Kanzleramt

Nicht dabei war diesmal Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU), der den
Koalitionsausschuss zusammen mit SPD-Staatssekretär Björn Böhning vorbereitet
hat. Frei nahm stattdessen am Sparkassen-Forum in Donaueschingen in seinem
Wahlkreis im Schwarzwald teil. Die Veranstaltung sei vor einem Jahr geplant
worden - lange vor der Bundestagswahl, hieß es in seinem Umfeld. Frei ließ sich
von Michael Meister vertreten, Staatsminister im Kanzleramt für die Beziehungen
zwischen Bund und Ländern./mfi/DP/stw

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