FRANKFURT (dpa-AFX) - Neue Zolldrohungen von Donald Trump haben am Freitag
die Rekordjagd des Dax vorerst beendet. Der US-Präsident erwägt
pauschale Strafzölle von 15 oder 20 Prozent auf Importe aus der Europäischen
Union (EU). "Die Investoren stecken in einer Art Schockstarre fest, da das
weitere unkonventionelle diplomatische Vorgehen der USA ein unschönes Gefühl in
der Magengrube hinterlässt", kommentierte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Vor
dem Wochenende steige die Nervosität besonders, da die Anleger am Montag nicht
auf dem falschen Fuß erwischt werden wollten.
Der Dax schloss 0,82 Prozent im Minus bei 24.255,31 Punkten. Am Donnerstag
hatte der deutsche Leitindex noch einen Höchststand bei 24.639 Zählern erreicht.
Nach rund 24 Prozent Plus im laufenden Jahr fehlten dann jedoch die
Anschlusskäufe. Auf Wochensicht hat der Dax trotzdem immer noch um 2 Prozent
zugelegt. Der MDax der mittelgroßen Börsenunternehmen gab am
Freitag um 0,93 Prozent auf 31.354,15 Punkte nach.
Neben der Drohung in Richtung EU verhängte Trump außerdem neue Zölle gegen
Kanada in Höhe von 35 Prozent - trotz Verhandlungen mit dem Nachbarland. Es sei
besorgniserregend, dass die Gespräche im Ergebnis weitestgehend zwecklos gewesen
seien, stellte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets fest. Dieses
Schicksal drohe auch Europa. "Im schlimmsten Fall entpuppen sich sämtliche
Verhandlungen als bloße Show, um am Ende doch die hohen Zölle erheben zu
können."
Unternehmensseitig schauen die Anleger zunehmend auf die kommende Woche
startende Berichtssaison voraus. Jefferies-Analystin Chloe Lemarie erwartet eine
gute Halbjahresperformance des Triebwerksbauers Rolls-Royce .
Möglicherweise könnten die Briten sogar ihre Jahresziele nach oben präzisieren.
Das schob die Aktien von Konkurrent MTU um gut ein Prozent an,
womit sie zu den wenigen Gewinnern im Dax gehörten.
Der frühere Dax-Konzern Covestro , der mittlerweile
mehrheitlich dem Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gehört,
senkte seine Prognose für das laufende Jahr. Der Kunststoffkonzern verwies auf
die anhaltend schwache Konjunkturlage und sieht keine Anzeichen für eine
kurzfristige Erholung. Die Aktien des Chemiekonzerns BASF büßten
daraufhin fast zwei Prozent ein. Mehrere Analysten hatten befürchtet, dass auch
dieser demnächst eine Gewinnwarnung herausgeben könnte. Nach Börsenschluss
kappten die Ludwigshafener tatsächlich ihre Jahresprognose für das operative
Ergebnis.
Schlusslicht im SDax waren Stabilus mit Kursverlusten von
mehr als 9 Prozent auf 25,35 Euro. Warburg-Analyst Marc-Rene Tonn hatte zwar
sein Votum für den Autozulieferer auf "Buy" belassen, aber das Kursziel von 54
auf 44 Euro gesenkt. Das zweite Quartal dürfte eher schwach gewesen sein, das
untere Ende der Jahresziele jedoch bleibe erreichbar.
Für Friedrich Vorwerk ging es als Spitzenreiter im
Nebenwerteindex um gut neun Prozent nach oben. Analyst Nikolas Demeter vom
Bankhaus Metzler erwartet, dass der Pipeline- und Anlagenbauer für Erdgas-,
Strom- und Wasserstoffanwendungen seine Jahresziele anheben wird. Bereits mit
den Zahlen zum Jahresauftakt habe Friedrich Vorwerk die Umsatz-Zielspanne nach
oben hin eingeengt, was Demeter im derzeit günstigen Geschäftsumfeld aber für
konservativ hält.
Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um ein
Prozent auf 5.383,48 Zähler nach unten. Außerhalb der Eurozone büßte der
schweizerische SMI Index 1,6 Prozent ein. Der Londoner FTSE 100
gab nur leicht nach. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial
zeigte sich zum Handelsschluss in Europa 0,6 Prozent im
Minus./la/he