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dpa-AFX: ROUNDUP 4: CDU gewinnt Wahl in NRW - AfD verdreifacht Ergebnis
DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die CDU bleibt bei der Kommunalwahl in
Nordrhein-Westfalen klar die stärkste Kraft. Zu den Gewinnern im
bevölkerungsreichsten Bundesland gehört aber auch die AfD, die ihr Ergebnis
ungefähr verdreifachen konnte. Damit landete sie in der bundesweit beachteten
Wahl auf dem dritten Platz hinter der SPD. Die Grünen mussten erhebliche
Einbußen hinnehmen.
Die Abstimmung in NRW galt als erster politischer Stimmungstest für die
schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach der
vorgezogenen Bundestagswahl im Februar.
Das Erstarken der AfD im Westen löste bei den anderen Parteien Sorge aus.
"Dieses Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen
lassen", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). "Selbst meine Partei
nicht, die diese Wahl so klar gewonnen hat."
AfD jetzt drittstärkste Kraft in NRW-Kommunen
Laut einer Hochrechnung zu den Kommunalwahlen kurz nach 21.00 Uhr im WDR
kommt die CDU landesweit auf 33,7 Prozent. Die Christdemokraten lagen damit um
0,6 Prozentpunkte unter ihrem Ergebnis bei der Kommunalwahl 2020 (34,3 Prozent).
Auf Platz zwei folgt die SPD mit 22,1 Prozent und einem Minus von 2,2
Prozentpunkten im Vergleich zu 2020. Stark im Aufwind ist die AfD, die um 9,9
Punkte auf 15,0 Prozent zulegte und sich damit vor die Grünen auf Platz drei
schob. Diese erlitten Verluste von 6,9 Prozentpunkten und landeten bei 13,1
Prozent. Schon bei der Bundestagswahl im Februar hatte die AfD in NRW die Grünen
überholt.
Die FDP sank auf 3,5 Prozent und verlor 2,1 Prozentpunkte. Die Linke
verbesserte sich um 1,7 Punkte auf 5,5 Prozent.
Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben des WDR mit 58,5 Prozent deutlich höher
als bei der Kommunalwahl 2020 (51,9 Prozent).
AfD gibt sich selbstbewusst
AfD-Landeschef Martin Vincentz erklärte: "Die ersten Auszählungen zeigen es
deutlich: NRW möchte weniger "Weiter so" und mehr AfD - viel mehr!" Die
Kommunalwahl sei mehr als eine reine Abstimmung über Bürgermeister, Stadträte
und Kreistage. "Sie war eine Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes.
Und wer den Wählerwillen ignoriert, wird von den Wählern abgestraft." Die AfD
habe einen immer deutlicheren Anteil von wirklichen Stammwählern.
Die Gelsenkirchener AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias sagte im
WDR: "Wir haben unsere Wählerschaft zementiert. Es ist nicht mehr ein reines
Frustwählen oder ein taktisches Wählen."
NRW-Regierungschef Wüst zeigte sich besorgt. Dass die AfD ihr Ergebnis im
Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl voraussichtlich mehr als verdreifacht
habe, stelle alle demokratischen Parteien vor Herausforderungen. Alle müssten
sich nun fragen: "Was sind die richtigen Antworten in Sachen Armutsmigration?
Sind alle Teile unserer Sozialsysteme wirklich gerecht? Was ist mit
Problemimmobilien?"
SPD: Müssen aus Tief herauskommen
Enttäuscht reagierten die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil.
"Es ist richtig, dass wir den Abwärtstrend nicht stoppen konnten", sagte die
Duisburgerin Bas im WDR. Dennoch seien die Werte kein Desaster, wie es ihrer
Partei zuvor prognostiziert wurde. "Wir müssen uns natürlich fragen, wie wir aus
diesem Tief wieder rauskommen", sagte Bas. Das gute Ergebnis der AfD müsse allen
demokratischen Parteien Sorge machen.
Der Co-Vorsitzende und Vizekanzler Klingbeil sagte der Deutschen
Presse-Agentur, die wirtschaftliche Lage habe die Wähler am stärksten
umgetrieben. "Wir werden nicht nachlassen, wenn es um Wirtschaftswachstum und
sichere Arbeitsplätze geht. Das hat für uns Priorität."
Der SPD-Landesvorsitzende Achim Post sagte: "Die NRW SPD hat verstanden."
Ein "Weiter so" dürfe es jetzt mit der NRW-SPD nicht geben. Politik müsse so
stattfinden, dass die Menschen sie verstünden: "Dass wir diskutieren,
entscheiden und umsetzen, dass wir nicht uns verzetteln in irgendwelchen
Nebendebatten".
Viel Bundesprominenz im Wahlkampf in NRW
Kanzler Merz, Vizekanzler Klingbeil, Bundesarbeitsministerin Bas sowie
weitere Spitzenvertreter der Bundesparteien traten im Wahlkampf in NRW mehrfach
auf, was die bundespolitische Bedeutung der Kommunalwahlen unterstrich. Für Merz
und Bas sowie weitere Bundespolitiker wie Bundestagsfraktionschef Jens Spahn und
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist NRW das Heimatbundesland.
Der Ausgang der Kommunalwahlen mit dem Sieg der CDU gibt nach Einschätzung
von Unions-Fraktionschef Jens Spahn der schwarz-roten Koalition im Bund
Rückenwind. Das Ergebnis sei Ansporn für eine ruhige pragmatische Arbeit.
Zugleich warnte Spahn: "Der Zuwachs der extremen Rechten muss uns allen ein
Weckruf sein: Armutsmigration, Sozialmissbrauch und zu oft gescheiterte
Integration dürfen nicht tabuisiert werden."
Enttäuschung bei den Grünen
Auch die NRW-Grünen reagierten enttäuscht angesichts des Absturzes ihrer
Partei. "Bei der vergangenen Kommunalwahl hatten Zukunftsthemen Rückenwind,
derzeit haben sie oft Gegenwind", teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Yazgülü
Zeybek und Tim Achtermeyer mit. 2020 hatten die Grünen mit 20 Prozent ihr bestes
Ergebnis bei einer Kommunalwahl erzielt. Grünen-Bundeschef Felix Banaszak sieht
das schwache Abschneiden bei den Kommunalwahlen als Folge einer grundsätzlichen
politischen Verschiebung. "Ökologische, progressive Politik hat es gerade
schwer", sagte er.
Fast 14 Millionen Wahlberechtigte
Rund 13,7 Millionen Bürger waren zu den Kommunalwahlen im
bevölkerungsstärksten Bundesland aufgerufen. Gewählt wurden Räte in Städten und
Gemeinden sowie auch Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte. Seit 1999
hat die CDU bei Kommunalwahlen in NRW regelmäßig landesweit die meisten Stimmen
geholt. Im Gegensatz zur Bundestags- oder Landtagswahl gibt es bei den
Kommunalwahlen in NRW für Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage keine
Fünf-Prozent-Sperrklausel.
Stichwahlen am 28. September
Wenn bei den Abstimmungen über Oberbürgermeister, Bürgermeister oder
Landräte keiner der Bewerber oder Bewerberinnen im ersten Wahlgang mehr als 50
Prozent der gültigen Stimmen erhält, gehen die beiden Bestplatzierten am 28.
September in eine Stichwahl. Hier reicht dann eine einfache Mehrheit zum
Sieg./dot/DP/zb