Lesen Sie im Marktfocus die fundierten Einschätzungen und Analysen zu aktuellen Entwicklungen in der Weltwirtschaft von Carsten Brömstrup, dem Vorsitzenden des OLB Investmentausschusses. Im Trendfocus finden Sie außerdem Informationen, Expertenwissen und Antworten auf Fachfragen rund um Wertpapiere und Finanzmärkte.
Marketingmitteilung
OLB Marktfocus
Ausgabe vom 21. April 2024
Schwankungen an den Märkten nehmen zu. „Mit Respekt nach oben.“
Seit Anfang April konsolidieren die Märkte. In diesem Zusammenhang bereiten uns mehrere Faktoren Sorge. Dazu zählen wir vor allem:
- eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten nach dem Drohnen- und Raketenangriff des Irans auf Israel und ein mögliches Hochschaukeln aufgrund von Reaktionen und Gegenreaktionen sowie
- die über den Erwartungen liegenden hohen und hartnäckigen Inflationszahlen aus den USA.
Um die Robustheit eines Portfolios gegen einen Anstieg der Marktschwankungen (Volatilität) zu verbessern, sollten sich Anleger auf den „Grundsatz der Diversifikation“ konzentrieren, der das Streuen von Geldern auf verschiedene Anlagemöglichkeiten vorsieht.
Wird der Konflikt im Nahen Osten weiter eskalieren?
Nachdem der Iran Israel am 13. April 2024 erstmals direkt angegriffen hat, wird die wichtigste Frage sein, ob Israel tatsächlich – in welcher Form und welchem Umfang auch immer – Vergeltungsmaßnahmen ergreifen wird. Der zuletzt erfolgte Anstieg der Volatilität (Schwankungsbreite) und Risikoabneigung an den Märkten spiegelt diese Sorge über eine drohende Ausweitung des Konflikts in der Region bereits wider. Die Marktteilnehmer hoffen aktuell, dass ein Kreislauf gegenseitiger Vergeltung durch diplomatische Bemühungen erfolgreich verhindert wird. Auch aufgrund des Machtwortes von US-Präsident Joe Biden und dessen langjährigen diplomatischen Geschicks sind wir optimistisch, dass das letztendlich gelingen wird und der angedrohte Vergeltungsschlag der Israelis verhältnismäßig sein wird.
Der Blick geht in die USA: Werden die Anleger Hinweise auf eine Abkühlung der US-Konjunktur erhalten?
Eine Hauptsorge der US-Notenbank (Fed) ist, dass eine starke Konsumnachfrage und Beschäftigung die Inflation im Dienstleistungssektor weiter auf einem hohen Niveau halten werden. Die aktuellen Daten der Einzelhandels-umsätze und der neu geschaffenen Stellen am Arbeitsmarkt lassen darauf schließen. In den letzten zwei Monaten stieg die Inflationsrate wieder auf nahezu 3,5 % an und entfernte sich von der angestrebten Zielmarke von 2,0 % (siehe folgende Grafik).
Das Wachstum in den USA dürfte unseres Erachtens im 1. Quartal 2024 bei gut + 2,4 % gelegen haben, was über dem langfristigen Trend liegt. Die Erwartungen zu Jahresanfang 2024 lagen deutlich darunter. Auch die Daten und der Ausblick für das 2. Quartal sehen solide aus. Grundsätzlich ist dies eine gute Nachricht, andererseits werden die Zinssenkungshoffnungen nun in den USA auf ein Minimum reduziert. Waren zu Jahresanfang noch sechs Zinssenkungen von jeweils 0,25 % in den USA erwartet worden, sind es nunmehr nur noch zwei. Als Folge steigen die Renditen von US-Staatsanleihen aktuell wieder deutlich an und erklimmen Niveaus, die den Aktienmarkt zunächst einmal belasten könnten.
Wird das Gewinnwachstum in den USA die Geld- und geopolitischen Bedenken in den Hintergrund drängen?
Seit Beginn des zweiten Quartals 2024 wurde die Stimmung an den Märkten pessimistischer. Gründe dafür waren die genannten Sorgen über die eskalierenden geopolitischen Risiken und die überraschend robuste US-Konjunktur einhergehend mit der hartnäckig hohen Inflation. Während der breite US-Aktienindex „S&P 500“ rund 4 % verlor, profitierten die großen Technologie- und Wachstumsunternehmen weiterhin von dem Optimismus über die Entwicklung im Bereich der KI („Künstliche Intelligenz“). Der sogenannte „FANG+“- Index, der die zehn meistgehandelten US-Technologieunternehmen wie z. B. Microsoft, Amazon oder Nvidia abbildet, verlor nur leicht um rund 2,5 %.
Zudem hat die Berichtssaison zum 1. Quartal 2024 begonnen und die Märkte hoffen, dass neben den großen Technologie- und Wachstumsunternehmen nun auch andere US-Unternehmen eine robuste Entwicklung zeigen. Insgesamt glauben wir, dass die Gewinnberichte für das 1. Quartal 2024 und der weitere Ausblick dazu beitragen werden, die Aktienrally in diesem Jahr zu rechtfertigen und zu stützen. Wir erwarten ein Wachstum der Gewinne je Aktie um 7 bis 9 % im ersten Quartal. Sollten die Zahlen besser ausfallen, könnten sie andere Bedenken des Marktes unseres Erachtens in den Hintergrund drängen.
Was wird aus Deutschland?
Zwei gute Länderspiele machen noch keinen Fußball-Europameister – und so machen auch ein paar erfreuliche Konjunkturnachrichten noch keinen Boom. Dennoch gibt es in Summe bei vielen geopolitischen Risiken, die uns vor zu großer Euphorie bewahren, auch Gutes zu berichten. So ist die Inflationsrate in Deutschland und im gesamten Euroraum auf dem Weg in Richtung der Zielmarke der Notenbank von +2,0 %. Zudem konstatiert das Ifo-Wirtschaftsinstitut in ihrem Monatsbericht, dass insbesondere die Erwartungen der deutschen Unternehmen für die nächsten sechs Monate deutlich weniger pessimistisch ausfielen als zuvor. Auch die Einschätzungen zur aktuellen Lage verbesserten sich leicht, so dass das Ifo-Institut zu dem Schluss kam: „Die deutsche Wirtschaft sieht einen Silberstreif am Horizont.“
Wie ist unsere DAX-Prognose und Leitidee?
Die Aktienmärkte haben seit dem November 2023 viele Vorschusslorbeeren erhalten und in den Kursen vorweggenommen - siehe folgende Grafik.
Daher wäre eine Konsolidierung von rund 5 bis 10 % nach unten in allen großen, globalen Aktienmärkten unseres Erachtens nur wünschenswert. Beim DAX wäre das ein Bereich um die 17.200 Punkte. Andererseits sehen wir das obere Potenzial des DAX bis Jahresende 2024 noch nicht ausgeschöpft. Das fundamentale, auf Gewinnschätzungen basierende Kursziel liegt unseres Erachtens zwischen 18.600 und 19.000 Punkten. Dieses Kursziel bedarf der stetigen Überprüfung, haben wir doch zum Beispiel auch noch die Präsidentschaftswahl in den USA am 5. November 2024 vor der Brust.
Wir bestätigen daher unsere Strategie, eine wünschenswerte Konsolidierung für Zukäufe zu nutzen (= „Buy the dip“-Strategie), aber auch auf eine sehr ausgewogene Diversifikation über mehrere Vermögensklassen zu achten. Dazu gehören unter anderem auch Anleihen sowie Gold- und Immobilienanlagen. Wir würden daher insgesamt unsere Maxime mit der Leitidee „Mit Respekt weiter nach oben“ formulieren. Oder um es mit Erich Kästner zu sagen: „Auch der stärkste Mann schaut mal unters Bett.“